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Kastration
Kapitel

Allgemeines
Funktion verschiedener wichtiger Komponenten
Auswirkungen der Kastration
Frühkastration
Allgemeines

Nicht zu verwechseln ist die Kastration (Gonadektomie) bei welcher die Keimdrüsen entfernt werden, mit der Sterilisation, bei der Samenleiter (Männchen) oder Eileiter (Weibchen) durchtrennt werden.
Bei männlichen Tieren werden bei der Kastration die Hoden (Orchiektomie), bei den weiblichen Tieren die Eierstöcke entfernt. Bei Weibchen unterscheidet man Ovariektomie, die Entnahme ein oder beider Eierstöcke und Ovariohysterektomie, welche eine erweitere Form ist, bei der zusätzlich auch Teile oder die komplette Gebärmutter entfernt werden.
Das deutsche Tierschutzgesetz führt in § 6 Abs. 1 unter Bezugnahme auf § 5 Abs. 3 Nr. 1 und 1a die Kastration als Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Amputation und Organentnahme oder -zerstörung an Wirbeltieren auf, soweit vom Menschen genutzte oder gehaltene Tiere betroffen sind oder eine unkontrollierte Fortpflanzung verhindert werden soll.
Funktion verschiedener wichtiger Komponenten

Hoden: Produzieren Spermien und Geschlechtshormone, sogenannte Androgene.
Eierstöcke: Produktionsort für Eizellen und weibliche Geschlechtshormone
Geschlechtshormone: Werden hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, in den Keimdrüsen gebildet. Entfernt man die Keimdrüsen gehen diese Hormone nicht komplett verloren. Geringe Mengen der Geschlechtshormone werden auch von der Nebennierenrinde produziert.
Tabelle 1.: Wichtige Hormone beim weiblichen Tier
Hormon |
Funktion |
Gonadotropin Releasing Hormon (GnRH) |
Ein durch den Hypothalamus freigesetztes Hormon, welches seinerseits auf die Hypophyse wirkt. Seine Produktion wird durch Melatonin beeinflusst |
Luteinisierungshormon (LH) |
In der Hypophyse gebildetes Hormon., wirkt im Follikel. Kontrolliert die Synthese und die Sekretion der ovarialen Sexualsteroide (Östrogen, Progesteron) |
Follikel-stimulierendes Hormon (FSH) |
In der Hypophyse gebildetes Hormon, wirkt im Follikel. Kontrolliert die Synthese und die Sekretion der ovarialen Sexualsteroide (Östrogen, Progesteron) |
Östrogen |
Östron, Östriol und Östradiol-17B. Die Bildung erfolgt aus Cholesterin in den Ovarien, der Nebennierenrinde und der Plazenta. Sie sind wichtig für die Geschlechtsmerkmalausbildung, wirken östruserzeugend, auf die Knochenreifung, Blutgefäße und den Wassergehalt in Vagina und Uterus |
Gestagene |
Hauptvertreter Progesteron. Bildung aus Cholesterin in Ovar, Nebennierenrinde, Platzenta. Graviditätserhaltend |
Prolaktin |
In der Hypophyse gebildetes Hormon. Hauptfunktion ist die Milchbildung, Ausdifferenzierung der Milchdrüsen und löst das Brutpflegeverhalten aus. |
Oxytocin |
In der Hypophyse gebildetes Hormon. Wehenauslösend, beim Saugen gebildet, senkt dem Blutdruck und reguliert dadurch die Gebärmutterdurchblutung |
Tabelle 2: Wichtige Hormone beim männlichen Tier
Hormon |
Funktion |
Gonadotropin Releasing Hormon (GnRH) |
Ein durch den Hypothalamus freigesetztes Hormon, welches seinerseits auf die Hypophyse wirkt. Seine Produktion wird durch Melatonin beeinflusst |
Luteinisierungshormon (LH) |
In der Hypophyse gebildetes Hormon. Kontrolliert die Synthese und die Sekretion von Testosteron |
Follikel-stimulierendes Hormon (FSH) |
In der Hypophyse gebildetes Hormon. Kontrolliert die Synthese und die Sekretion von Testosteron |
Androgene |
Gebildet in Hoden, Nebennierenrinde. Wichtig für die Ausbildung von Geschechtsmerkmalen und Steuerung der Libido |
Sämtliche Hormone kommen bei beiden Geschlechtern vor. Teilweise sind die Wirkweisen noch nicht vollständig geklärt.
Tabelle 3: Physische und psyschiche Auswirkungen von Geschlechtshormonen nach Strodtbeck & Gansloßer (2011)
Hormon |
Physisch |
Psychisch |
Testosteron
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- Die Skelettmuskulatur wird verstärkt
- Einfluss auf das Ende des Längenwachstums
- Verfestigung des Bindegewebes und damit auch Einfluss auf die Fettverteilung
- Steuerung desr Hautdrüsen z.B. Anregung der Talgdrüsen
- Die Hautoberfläche wird widerstandsfähiger durch Einfluss auf die Zellteilung der Epidemis
- Verschlechterung des Immunsystems
- Steigert im Übermaß das Stresshormon Cortisol (Umkehr: Stress = bewältigbarer Stress erhöht den Testosteronspiegel, unbewältigbarer Stress verringert den Testosteronspiegel
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- verstärktes Wettbewerbsverhalten und erhöhtes Balzverhalten
- verstärktes Revierverhalten
- verstärktes Markierverhalten
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Östrogen |
- Lockerung des Bindegewebes (eher parallele Anordnung)
- Bessere Wassereinlagerung im Bindegewebe
- Auswirkung auf den Mineralhaushalt (sehr komplex)
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Auswirkungen der Kastration

Die tatsächlichen Wirkungen der Kastration ist bei vielen Tieren nicht eingehend untersucht. Bei einigen Tierarten insbesondere bei Mensch und Hund sind zahlreiche mögliche Auswirkungen auf physischer und psychischer Ebene bekannt. Kastrationen werden in vielen Fällen genutzt um die Tiere unfruchtbar zu machen. Da die Keimdrüsen aber wie erwähnt auch der Produktion von Hormonen dienen, kann eine Entfernung auch zahlreiche andere Folgen haben.
Diese Auswirkungen können nicht bei allen Tieren gleichgesetzt werden. Je nach Tierart und Individum kann eine Kastration unterschiedliche Folgen haben. Dies soll nur mögliche Auswirkungen verdeutlichen.
Tabelle 2: Vor- und Nachteile der Kastration bei Hunden nach Sanborn (2007)
Kastration Rüde |
Vorteile |
Nachteile |
- keine Erkrankungen an Hodenkrebs möglich
- verringert die Wahrscheinlichkeit von Prostataproblemen ausser Prostatakrebs
- verringert die Wahrscheinlichkeit von Analdrüsenentzündungen
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- die Wahrscheinlichkeit für Knochenkrebs steigt an, wenn vor dem ersten Lebensjahr kastriert wird
- Erhöhung des Risikos für Herztumore um den Faktor 1,6
- dreifach höheres Risiko von Schilddrüsenunterfunktion
- erhöhtes Risiko von Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten im Alter
- dreimal höheres Risiko für Fettleibigkeit
- vierfach höheres Risiko an Prostatakrebs zu erkranken
- verdoppelt die Wahrscheinlichkeit an Blasenkrebs zu erkranken
- erhöht die Wahrscheinlichkeit von Unverträglichkeit von Impfstoffen
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Kastration Hündin |
Vorteile |
Nachteile |
- sofern die Hündin vor dem Alter von zweieinhalb Jahren kastriert wird verringert sich das Risiko an einem Mammikarzinom zu erkranken
- keine Gebärmutterentzündung
- verringert das Risiko einer Analdrüsenentzündungen
- keine Tumore im Bereich der Gebärmutter und/oder der Eierstöcken möglich
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- die Wahrscheinlichkeit für Knochenkrebs steigt an, wenn vor dem ersten Lebensjahr kastriert wird
- erhöht die Gefahr an Milzkrebs um den Faktor 2,2
- verdreifacht das Risiko einer Schilddrüsenunterfunktion
- Fettleibigkeitsrisiko erhöht sich um einen Faktor von 1,6 - 2
- zwischen 4 und 20 % aller kastrierten Hündinnen leiden danach an Inkontinenz
- erhöht das Risiko von einer nach innen Wölbung der Vulva, dadurch erhöhte Infektionsgefahr
- verdoppelt die Gefahr an Blasenkrebs zu erkranken
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Risiken einer Gebärmutterentfernung bei der Frau (nach news-medical.net)
- drei Mal höheres Risiko für Kreislauferkrankungen bei entfernen der Gebärmutter, sieben Mal höher beim entfernen der Eierstöcke
- Osteoporose und ein erhöhtes Risiko von Knochenbrüchen
- Vaginalprolaps (in bis zu 80 % aller Fälle)
- Harninkontinenz (Risiko verdoppelt), Stressinkontinenz um den Faktor 2,4 erhöht
- Verlust von Unterstützung für die Blase und Darm
- erhöhtes Risiko für Nierenzellkarzinom
Bei Kaninchen kann es nach Rühle (2012) zu folgende körperliche Veränderung nach der Kastration vorkommen:
- größere, stärkere Knochen bei Kaninchen, die im Alter von 3 Monaten kastriert wurden
- Vergrößerung der Hirnanhangsdrüse
- Vergrößerung des Thymus bei Kaninchen, die im Alter von 1 3 Monaten kastriert wurden
- Verzögerung der Involution des Thymus
- Hypertrophie der Nebennieren nach Entfernen der Eierstöcke
- Verbreiterung der Nebennierenrinde bei Verkleinerung der Marksubstanz
Frühkastration

Eine Frühkastration ist eine Kastration vor der Geschlechtsreife. Die Geschlechtsreife ist die Entwicklung vom Jungtier zum Erwachsenen. Die Geschlechtshormone welche hauptsächlich in den Keimdrüsen gebildet werden nehmen einen wesentlichen Einfluss. Die Pubertät bringt sowohl körperliche als auch psychische Veränderungen, welche durch eine frühe Kastration beeinflusst werden können.
Tabelle 3: Körperliche und pyschische Auswirkungen einer Frühkastration
Tierart |
Auswirkungen |
Autor |
Ratten |
Rattenmännchen, die zwischen dem 1. und 23. Tag kastriert wurden zeigten, dass sich die Frühkastration negativ auf das Spielverhalten auswirkt |
Meany& Steward 1981
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Hund |
Prostatahypoplasie |
Höhne 2002
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Tiere die vor dem 6 Monat kastriert wurden entwickeln häufiger HD |
Reichler 2010
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Wachstumsbeendigungsunterbrechung, bzw diese tritt später ein. Der Körperbau wird adurch zu groß und eventuell zu schlacksig. Es sind später Gelenk- oder Herz-Kreislauf-Probleme zu erwarten |
Strodtbeck & Gansloßer 2011
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Frühkastrierten (vor der Pubertät) fehlt der für das Gehirn notwendige Hormonschub und sind daher in der Regel leicht debil. |
Strodtbeck & Gansloßer 2011
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die Vulva bleibt lebenslang klein und infantil |
Reichler 2010
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Präputium, Penis und der Penisknochen bleiben klein und unreif |
Reichler 2010
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Senkung der Wahrscheinlichkeit eines Mammatumors |
Reichler 2010
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Infektionskrankheiten treten bei bereits im Welpenalter kastrierten Hunden häufiger auf |
Reichler 2010
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Mensch |
Verlängerung des Knochenwachstum |
Reichler 2010
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Verzögerung des Schluss der Wachstumsfugen |
Reichler 2010
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Katze |
Veränderung des Hormonhaushalts |
Kalz & Scheibe 2000
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verlängerte Extremitäten |
Kalz & Scheibe 2000
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mögliche Adipositas (Fettsucht) bei beiden Geschlechtern |
Kalz & Scheibe 2000
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später einsetzender Epiphysenfugenschluß bei männlichen Tieren |
Kalz & Scheibe 2000
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häufigeres Auftreten des urologischen Syndroms bei Katern |
Kalz & Scheibe 2000
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persistierende Adhäsion des Penis am Präputium und fehlende bzw. reduzierte Penisstacheln |
Kalz & Scheibe 2000
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Kaninchen |
größere, stärkere Knochen |
Rühle 2012
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Vergrößerung des Thymus |
Rühle 2012
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Quellen
Höhne K. (2002): Ultrasonographische Untersuchung von Hoden und Prostata des Hundes unter besonderer Berücksichtigung der Graustufenanalyse, Hannover
Kalz, B.; Scheibe, K.M. 2000: Verwilderte Hauskatzen in einem Untersuchungsgebiet in Berlin-Mitte Populationsbiologie und Einfluss der Kastration. Vortrag 32. Internat. Tagung angewandte Ethologie der DVG, Freiburg, 9.11.2000, Aktuelle Arbeiten zur artgem. Tierhaltung 2000, KTBL - Schrift 403, 145-152
Meany, M.J., Stewart, J., 1981. Neonatal androgens influence the social play of prepubescent rats. Horm. Behav. 15, 197213
news-medical.net (Stand Dezember 2010)
Reichler I M (2010): Gesundheitliche Vor- und Nachteile der Kastration von Hündinnen und Rüden,Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 152(6):267-272
Rühle A.: Kaninchen würden Wiese kaufen, www.kaninchen-wuerden-wiese-kaufen.de, 22.12.2012
Strodtbeck, Sophie & Gansloßer, Udo (2011): Kastration und Verhalten beim Hund. Müller Rüschlikon Verlag
Sanborn L. J., , M.S. (2007): Long-Term Health Risks and Benefits Associated with Spay / Neuter in Dogs, May 14, 2007
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